Alltagsbilder aus dem Leben der Fischer und Seeleute
Das 19. Jahrhundert war wie kein anderes von gravierenden gesellschaftlichen und politischen Veränderungen geprägt. Vor allem in den wachsenden Städten sollten sich die Lebensbedingungen rasant ändern, und die Sehnsucht nach einer ungestörten, heilen Welt auf dem Lande, präsentiert in Form von kleinformatigen Genrebildern, nahm zu.
Schon in den 1830er-Jahren reisten Künstler wie Andreas Achenbach und Rudolf Jordan an die Küsten der Nord- und Ostsee, um die Landschaft zu studieren und das Leben der Fischer und Seeleute kennenzulernen. Ihnen folgten Carl Wilhelm Hübner und Henry Ritter.
Beim bürgerlichen Publikum war „Der Heiratsantrag auf Helgoland“ (1834, Berlin, Nationalgalerie) so populär, dass er auf Tassen, Dosen und Tabletts und als Stickerei reproduziert wurde. Schon 1902 beschrieb Friedrich Schaarschmidt das Erfolgsgeheimnis des Bildes mit folgenden Worten: „Hier war zum erstenmal ein einfaches Motiv in seiner rein menschlichen Seite erfasst und wiedergegeben.“ Jordan hatte als Entdecker des ethnographischen Genres eine Nische gefunden; denn die Menschen an der Nordseeküste und die Inselbewohner auf Rügen oder Helgoland galten bei der Stadtbevölkerung in jener Zeit als urtümlich, unverfälscht und naturverbunden. Jordan schilderte das Leben dieser fremden Menschen und fügte stets eine emotionale, anekdotische Komponente ein.
Eigentümer:Dr. Axe-Stiftung
Schon 1854 lobte der Kunstkritiker Wolfgang von Königswinter Henry Ritters ebenso berührendes wie zeitloses Gemälde "Der Antrag" mit folgenden Worten: „Ein charmantes Bild! Lauter lebendige, frische Beziehungen, die dem Herzen im Innersten wohlthun. Das ist die wahre Poesie aus dem Volke.“
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Auch die Schattenseiten im Leben der Seefahrer mit den Gefahren des Meeres wurden von Jordan thematisiert: Das Bild zeigt eine düstere Wohnstube, in der zwei junge Fischerfrauen sehnsüchtig auf die Rückkehr ihrer Männer warten. Während die eine als Rückenfigur gemalte Frau aus dem Fenster auf den Nebel und das vom Sturm gepeitschte Meer blickt, sitzt die zweite reglos und tief in ihre Gedanken versunken am Tisch. Am Boden liegt das Schiffchen, mit dem sie das Netz auf ihrem Schoß geflickt hat. Doch sie arbeitet nicht mehr, sondern hat ihre Hände voller Sorge zum Gebet gefaltet. Nicht zufällig fällt das Licht der kleinen Öllampe auf die Bibel, die aufgeschlagen auf dem Tisch liegt.
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Wie Rudolf Jordan stellte auch Henry Ritter die Gefahren und Schattenseiten des Lebens an den Küsten dar. Die Nachricht, die mit dem "Schreiben an die Familie“ vermittelt wird, ist offensichtlich mit großem Kummer verbunden, wahrscheinlich ist es das letzte Schreiben des verunglückten Sohnes oder die Nachricht über dessen Tod. Tief traurig sitzt die Familie zusammen. Der Verlust schmerzt so sehr, dass nicht gesprochen wird. Es bleibt der Phantasie des Betrachters überlassen, das Geschehen bzw. die Geschichte zu rekonstruieren.
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Ritter malte das Bild als junger Kunststudent im Jahr 1838. Vor der Kulisse des bewegten Meeres auf der linken und der rauen Steilküste auf der rechten Seite zeigt er eine Schmugglerbande, die ein gestrandetes Schiff geplündert hat – das Frack liegt rechts am Fuße der Steilküste – und das Gut nun mit einem schweren Pferdefuhrwerk in Sicherheit bringen will. Doch englische Dragoner haben die Schmuggler in den Dünen entdeckt. Sie kämpfen mit ihren Degen gegen die mit Gewehren und Pistolen bewaffneten Räuber. Menschen und Tiere sind in den Tumult verstrickt.
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Wie Rudolf Jordan und Henry Ritter malte auch Carl Wilhelm Hübner seit Mitte des 19. Jahrhunderts Themen aus dem Leben der Fischer und Seeleute an den Küsten der Nord- und Ostsee.
Das Gemälde zeigt die überraschende Heimkehr eines jungen Seemanns, der mit dem Zorn des Vaters konfrontiert wird. Der Maler hat die Szene nah an den vorderen Bildrand gerückt, wodurch sie einen bühnenhaften Charakter bekommt, der die Theatralik des Geschehens noch unterstreicht. Den Fortgang der Geschichte ließ Wilhelm Hübner bewusst offen. Hier ist die Fantasie des Betrachters gefragt.
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Mit dem Thema des Heiratsantrags auf Helgoland befasste sich Rudolf Jordan seit den frühen 1830er Jahren. Vor allem die vor der Kulisse des Meeres wiedergegebene Szene aus dem Jahr 1834, die sich heute in der Ntionalgalerie Berlin befindet, war ein Erfolgsmotiv.
Das Interieur in der Dr. Axe-Stiftung zeigt eine friesische Stube, in der die Familien der Brautleute zum Tee zusammengekommen sind. Selbst die rechts im Bild dargestellten Großeltern dürfen bei diesem großen Ereignis nicht fehlen!
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Die skandinavischen Künstler kamen an die Düsseldorfer Kunstakademie, und Düsseldorfer unternahmen Studienreisen in den Norden. So entstand die kleinformatige Ölstudie am 2. August 1839 während Achenbachs zweiter Norwegen-Reise, die der Künstler im Alter von 24 Jahren gemeinsam mit dem Maler Thomas Fearnley unternommen hat.
Die einfache Blockhütte und die Tracht der dargestellten Figuren sind für typisch für das Land und auch in Gemälden von Adolph Tidemand und anderen norwegischen Malern überliefert.
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Wie in einem Skizzenbuch brachte Andreas Achenbach in dem großen Blatt verschiedenen Figurenszenen zusammen. Mittig spielt ein Musiker auf einem Fass zum Tanz auf. Rundherum angeordnet sind die Darstellungen von Küstenbewohnern in verschiedenen Lebenslagen: Sie flicken Netze, klettern in der Takelage, rauchen ihre Pfeifen, stehen im Sturm etc.
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