Menschenbilder
Das Porträt ist eine der ältesten Gattungen der Malerei, und die Wiedergabe der individuellen Physiognomie des Menschen war stets Teil der akademischen Künstlerausbildung. Sie diente auch als Grundlage für die Historien- und Genremalerei. So malte Carl Schmitz-Pleis im Stil des sogenannten „Hollandismus“ ein beschauliches Interieur mit zwei jungen Frauen mit weißen Hauben, Schürzen und typisch niederländischen Holzschuhen. Ins Bauerngenre einzuordnen sind Richard Bloos‘ „Wäscherinnen“ und Wilhelm Schmurrs „Bäuerinnen“. Während Bloos zwei aktive Frauen bei der Arbeit darstellt und Carl Plückebaum mit dem Gemälde "Rückkehr vom Winterball" die humorvollen Seite der Genremalerei veranschaulicht, ist Schmurrs Menschenbild von Ruhe und Melancholie gekennzeichnet.
Exemplarisch für die moderne Düsseldorfer Bildnismalerei in ihren unterschiedlichen stilistischen Ausprägungen stehen vier Damenbildnisse von Walter Ophey, Ernst te Peerdt, Carl Schmitz-Pleis und Wilhelm Schmurr.
Besonders berührend ist Opheys Bildnis seines Sohnes Ulrich, der, erst vierjährig, 1924 an einer Gehirnhautentzündung verstarb. Das Ehepaar Ophey hatte zuvor schon eine Tochter kurz nach der Geburt verloren. Auf unserer Zeichnung ist Ulrich etwa zwei Jahre alt. Ophey benötigt nur wenige weich verwischte braune Linien, um in dem Kindergesicht Fröhlichkeit und Vitalität darzustellen.
Eigentümer:Dr. Axe-Stiftung
Mit nur wenigen geschwungenen Strichen in Dunkelblau hat Ophey das Brustbildnis einer jungen Frau mit langen Haaren, hohen Wangenknochen und mandelförmigen Augen gezeichnet. Vielleicht skizzierte er hier eine neben ihm sitzende Konzert- oder Theaterbesucherin, die das, nicht sehr erfreut, bemerkte. Es ist jedenfalls charakteristisch für Opheys reduzierte Zeichnungen, dass man als Betrachter die Leerstellen im Bild mit Inhalt füllt, und sich so kleine Begebenheiten und Emotionen entspinnen.
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Mit wenigen gebogenen Strichen führte Ophey das Bildnis einer jungen Frau mit Hut aus. Der Kopf der Unbekannten ist leicht geneigt und zum linken Bildrand gedreht, der Blick in die Ferne gerichtet. Für diese Radierung existiert eine vorbereitende Bleistiftzeichnung in einem Skizzenbuch aus dem Jahr 1923 (Düsseldorf, Kunstpalast, OY 2691).
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Schmitz-Pleis malte die junge Frau in einem privaten Moment. Ihr Kopf ist geneigt und der Blick nach rechts gewandt. Dabei flicht (oder löst?) sie einen dicken, rotbraunen Zopf. In dieser modernen, flächigen Malerei haben sich die Farben verselbständigt und von der Naturvorgabe gelöst. Das Werk zeugt von der Auseinandersetzung mit der internationalen zeitgenössischen Kunst, von der auch Walter Opheys Werk stark beeinflusst war.
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Bernhardine Bornemann und Walter Ophey waren 13 Jahre lang verlobt, bis sie 1917 heirateten. Hier malte Ophey seine Verlobte in einem azurblauen Kleid und mit markantem Hutschmuck, der den Endpunkt einer geschwungenen Kompositionslinie setzt. Diese verläuft von der oberen Mitte über die linke Schulter und den linken Arm bis zum unteren Bildrand. Der unbestimmte Hintergrund und die reduzierte Farbpalette machen das Bild besonders reizvoll.
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Das Bildnis zeigt Leonore Bertini-Hülshoff, eine Jugendfreundin von Schmurrs Tochter Marion. Nach dieser Studie entstand später das Gemälde „Lore Hülshoff mit Buch“. Gekonnt modellierte Schmurr mit Rot-, Rosa- und Beigetönen das Inkarnat. Für Schmurr hatte die Porträtmalerei immer eine besondere, auch finanzielle Relevanz, er verdiente mit ihr seinen Lebensunterhalt und tauschte in Kriegszeiten Porträts gegen Nahrungsmittel.
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Typisch für die dargestellten Personen in Schmurrs Arbeiten ist ihr oft nach unten ins Unbestimmte gerichtete Blick. Auch die Dame in der Aquarellarbeit „Beim Pferderennen“ macht einen unbeteiligten, vielleicht auch angespannten Eindruck. Ob sie auf das falsche Pferd gewettet hat? Die helle Farbpalette und die Darstellung von Personen aus einer höheren Gesellschaftsschicht ist dagegen für Schmurr ungewöhnlich, er hatte sich auf Bildinhalte aus dem bäuerlichen Milieu konzentriert.
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Haus Cleff liegt in Remscheid-Hasten und wurde 1778/79 von den Brüdern Hilger, die als Kaufleute und Werkzeugfabrikanten zu Wohlstand gelangt waren, als Doppelhaus im Rokokostil erbaut. Heute ist es mit dem benachbarten Deutschen Werkzeugmuseum und dem Stadtarchiv zum Historischen Zentrum der Stadt Remscheid zusammengefasst. Als Richard Bloos das Haus 1922 darstellte, bewohnten die Direktoren des Stahlwerks Lindenberg die beiden Hauptwohnungen. Das soziale Gefälle zwischen der kleinen Familie auf dem Gehsteig und der herrschaftlichen Villa ist offensichtlich.
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Die kleinformatige Ölstudie mit der Darstellung von zwei Wäscherinnen malte Bloss 1922 mit sicher gesetzten, dicken Pinselstrichen. Die Frauen haben die Hemdsärmel hochgekrempelt, mit kraftvollen Gesten wird die Wäsche gewrungen und geknetet. Durch die intensive Farbgebung und den Komplementärkontrast von Orange und Blau bekommt die Komposition eine Leuchtkraft, die die Vitalität der Lebensszene unterstreicht.
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Carl Schmitz-Pleis befindet sich mit diesen Gemälden in der Tradition der „Holländerei“, die in Düsseldorf schon seit den 1830er-Jahren gepflegt wurde. Angelehnt an niederländische Sittenbilder des 17. Jahrhunderts, fanden die pittoresken Darstellungen tugendhafter „einfacher Leute“ bis ins frühe 20. Jahrhundert beim bürgerlichen Publikum großen Anklang.
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Wie wartend sitzen die beiden Frauen nach links gewandt auf einem Feld, die Haare sind mit weißen Tüchern bedeckt, die vordere Figur hält ein kleines Messer in der rechten Hand. Der Eindruck des Wartens wird durch die in die Ferne gerichteten Blicke der Bäuerinnen verstärkt. Es wirkt beinahe so, als sähen die Figuren etwas außerhalb des Bildes, das den Betrachtenden für immer verschlossen bleiben wird.
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Gemeinsam mit seinen Malerfreunden Walter Ophey und Carl Schmitz-Pleis hatte Plückebaum 1910 eine Reise nach Italien unternommen. Gemeinsam erlebten die Düsseldorfer das intensive Licht des Südens, das sich in der Farbigkeit ihrer Bilder niederschlug. Die kleinformatige Ölstudie entstand während jener Reise. Sie zeigt einen jungen, nachdenklich wirkenden Hirten in karger, felsiger Landschaft.
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Das Gemälde dokumentiert Carl Plückebaums Sinn für Humor. Während im Hintergrund ein Bauer etwas steif und mit hochgezogenen Schultern auf seinem Pferdekarren gerade seinen Arbeitstag beginnt, stapfen die vier Musiker mit ausladenden Schritten durch den Schnee. Ihre Wangen sind gerötet, Mimik und Haltung drücken Frohsinn und Zufriedenheit aus. Das Motiv der Musikanten im Schnee war beim Publikum beliebt, Plückebaum führte es in verschiedenen Fassungen aus.
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Die um 1911/12 mit gestischem Duktus ausgeführte Figurenstudie steht innerhalb von Opheys zeichnerischem Werk weitgehend allein. Wir sehen vier Personen in verschiedenen, dynamischen Haltungen. Durch die zackige Linienführung und die grellen Farben wirken die Figuren geradezu wie vom Blitz getroffen, und die Linien erscheinen selbst wie Blitze. Die Studie entstand in einer Zeit, in der Ophey mit verschiedensten Ausdrucksformen experimentierte. Insbesondere die Künstlergruppe "Die Brücke" hat Ophey wohl für dieses Blatt inspiriert.
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